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Digitale Kommunikation ist echte Kommunikation

Wenn selbst die SPD erkennt (zumindest in ihrem kritischen Analysepapier), dass strategische politische und digitale Kommunikation wichtig ist, dann ist das Thema wirklich angekommen.

 

"Digitalisierung ist zu 80% Organisation und Kommunikation und nur zu 20% Technik," damit erschrecke ich immer wieder in meinen Beratungen. Glauben doch manche, dass es mit dem Verlegen des WLan-Kabels und der Anschaffung neuer Laptops oder SmartDevices getan sei.

 

Übersetzt auf politische Kommunikation heißt das, dass politische Kommunikation in digitalen Zeiten 80% echte Kommunikation und 20% Technik ist.

 

Klingt simpel, ist aber nicht so. Zurzeit sind die spannenden Debatten um "data driven politics" der heiße hipster shice. Es ist megaspannend welche Möglichkeiten sich durch targeting (Bestimmung von Zielgruppen zB für facebook-Anzeigen), Meta-Daten und andere technische Auswertungs- und Planungstools bieten. Die letzte Konferenz von D21 zu "Data & Politics" bot einen umfassenden Überblick.  

 

Leider habe ich aber zuweilen den Eindruck, dass sich bei manchen die Hoffnung breit macht, politische Kommunikation in digitalen Zeiten komplett automatisieren zu können. Wer das so versteht wird scheitern. 

 

Ein Beispiel dafür wie man es bitte nicht macht lieferte die SPD während der Koalitionsverhandlungen. Sie lud die Mitglieder ein, einen messenger-Dienst (zum Beispiel whats app) zu abonnieren und versprach "Infos aus erster Hand". 

Leider war bereits zu dem Zeitpunkt verabredet, dass es keine inhaltlichen Informationen geben wird. Also wurden stattdessen Fotos der Verpflegung und Allgemeinplätze gepostet. Das führte zu großem Unmut. Viele Mitglieder haben geantwortet und sich beschwert. Sie bekamen alle "Danke für deine Nachricht, leider erreichen uns so viele Nachrichten, dass wir nicht antworten können" retour. Tagelang. Tagelang nichts anderes.

Ja, auch Verpflegungsfotos gehören dazu, der Boulevard ist wichtig. Aber: eine politische Partei, die nur Boulevard postet nimmt sich selber nicht ernst. 

Und: digitale Kommunikation ist immer noch Kommunikation. Die geht in beide Richtungen. Oder es hat eben nichts mit Kommunikation zu tun. 

 

Digital zu kommunizieren bedeutet, auf den verschiedenen Kanälen wirklich in eine Kommunikation einzutreten. Wer nur postet und dies als Einbahnstraße versteht wird weder Reaktion noch Interaktion und noch weniger bleibende Erinnerung hervorrufen. 

 

Im Prinzip funktioniert politische Kommunikation digital nicht so viel anders als analog. 

 

Ein Beispiel: 

Eine Kommunalpolitikerin hat eine Facebook-Seite und postet dort regelmäßig. Damit erreicht sie ihre Fans. Es ist davon auszugehen, dass die Fans mehrheitlich auch Wählerinnen sind. 

Das ist im analogen so als würde man die Infos nur auf Stammtischen erzählen, dort sind auch nur die Fans.

Wie aber muss digital kommuniziert werden?

1. Es muss auch hier eine Strategie erarbeitet werden. Inhalte, Zyklen, Themen, Boulevard, Umfragen etc müssen grob festgelegt werden.

2. Auf Fragen muss es Antworten geben - echte Kommunikation eben. Deshalb gilt - wer etwas postet geht danach nicht für ne Woche in Urlaub und lässt den post alleine. Timing ist wesentlich. Wer gerade keine Zeit hat wählt eine andere Zeit für die Veröffentlichung.

3. Im analogen Leben trifft die Kommunalpolitikerin auf dem Markt, in der Kita, im Job .... auf Menschen, die vielleicht noch nicht Fans sind. Im digitalen sind das zum Beispiel Facebook-Gruppen. Für jedes Dorf, jede Stadt gibt es lokale Gruppen zu allen möglichen Themen. Dort Mitglied zu sein ist wie auf den Markt zu gehen. Die Aktivität dort ist wesentlich wichtiger (und kommunikativer) als das reine posten auf der eigenen Seite. Noch besser ist natürlich, wenn die Beitrage so spannend sind, dass andere sie automatisch in die lokalen Gruppen hinein teilen. (Zu dem Thema "Gruppen" kommt demnächst ein ausführlicher Blog-Beitrag)

4. Kaum jemand kann auf allen Kanälen wirklich vernünftig aktiv sein. Deshalb muss sich die Auswahl der SocialMediaKanäle auch an den Vorlieben der Kommunalpolitikerin orientieren wie auch an der Zielgruppe. Damit ist Facebook ein Muss, Instagram ein Kann, Jodel oder Twitter eher für Enthusiastinnen. Auf Landes- oder Bundesebene gehört ein zweiter Kanal definitiv dazu.

 

Diese Kommunikation kostet Zeit. Und damit unterscheidet sich das überhaupt nicht von der analogen Kommunikation vor der Kita oder im Sportverein am Tresen. Nur käme am Tresen auch niemand auf die Idee,  nur ne These rauszuhauen und dann gleich wieder zu gehen.

Das geht online auch nicht.

 

Deshalb ist so wichtig, dass alle PolitikerInnen (angefangen in der Kommune) eine Strategie für ihre digitale Kommunikation haben. Das erleichtert die Arbeit ungemein und mit den passenden tools lässt sich die Arbeit gut strukturieren.   

 

Und deshalb ist es wichtig, dass auch Fraktionen und Parteien dies als einen wesentlichen Kommunikationsweg verstehen und sich dementsprechend strategisch aufstellen, sich personell gut ausrüsten und eine lebendige Kommunikation zeigen. 

 

Demokratie lebt von Kommunikation.

 

 

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